re:publica 2012: die flauschige Klassenfahrt #rp12
Die re:publica 12 ist seit zwei Tagen zu Ende und ich möchte in Worte fassen, was mich an dieser größten und wichtigsten Konferenz der deutschsprachigen Netzgemeinde so fasziniert:
Vorausgehen möchte ich mit einem riesig dicken Lob an die Organisatoren Tanja & Johnny Haeusler, Markus Beckedahl, Clemens Lerche und Andreas Gebhard. Sie war wahrlich perfekt und die neue Location in einen alten Postcenter am Gleisdreieck in Berlin gut gewählt, da bei diesem Besucherzuwachs (4000 dieses Jahr anstelle von 2000-3000 in 2011) sich kein Gefühl der Enge oder lästige lange Wartenzeiten und Schlangen (vor allem vor den Sessions) einstellte. Jederzeit kam man schnell an kühle Getränke (zB die in der Szene geliebte Club Mate und Fritz Cola Stevia), leckeren Kaffee, Bratwürstchen& Steaks vom Grill. Auch die 10 Mittagsgerichte waren hervorragend und preiswert.
Oft wurde von Klassentreffen gesprochen und ich möchte aufzeigen, weshalb ich eher von einer Klassenfahrt sprechen würde:
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Bei einer Klassenfahrt hat man endlich die Gelegenheit, die coolen Typen aus der Parallelklasse näher kennenzulernen
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Man schwelgt nicht wie bei einem Klassentreffen in Erinnerungen, sondern spricht vom Hier und Jetzt: An welchen Projekten arbeitet man beruflich? Wie gefiel einem der Vortrag von eben? Was ist heute Abend noch los rund um die #rp12?
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Es ist riesiges Zusammentreffen von Leuten, die untereinander hochgradig effektiv und intensiv vernetzt sind. Man erlebt sich also an einem fremden neuen Ort gemeinsam, was das Zusammengehörigkeitsgefühl intensiviert. Ich selbst habe mehr als 50 Kontakte auf Facebook, die auf der #rp12 waren. Drei Tage in Berlin – quasi rund um die Uhr – erzeugen ein anderes Gefühl, Spirit, als bei einem zweistündigen Treffen im bekannten München.
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Klassenfahrten machen riesig Spass, es wird gequatscht bis in die tiefe Nacht, getanzt und viel getrunken. Bin immer noch beeindruckt, dass wir Sponsoren hatten wie Sipgate, die den kompletten Donnerstagabend Freibier angeboten habe. Grundlagen für lange Nächte lieferte Metro, die am Dienstag freies BBQ boten
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Kein Pendeln mehr zwischen Kalkscheune und Friedrichsstadtpalast wie vorher. Zwischend den Vorträgen traf man sich draußen in der Sonne im Innenhof und diese Zentralisierung verstärkte die auf Klassenfahrten bekannten räumliche Kollektivierungen. Zum Lagerkoller kam es noch nicht, der stellt sich bekanntlich erst nach knapp einer Woche ein. Es gab bei vielen Menschen, mit denen ich sprach, dieses \”Bubble-Feeling\”. Endlich mal lange mit Gleichgesinnten in einem Raum sein, die so ticken wie man selbst. Nerdig. Geekig.
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Ständig sah man, wie sich Menschen umarmten, küssten, flauschten. Ich habe keine Spur von Aggressionen wahrgenommen, es stellte sich ein wahrer Flow ein, von dem Thomas Knüwer spricht
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Dieser Flauschangriff hat jedoch auch zur Folge, dass die #rp12 nicht besonders bissig war. Der Flausch überdeckte etwas. Es wurde auch in den Vorträge so gut wie nicht provoziert, wenig Innovatives, Visionäres oder ungewöhnlich Gesellschaftskritisches präsentiert. Der Glaser/Dueck/Kruse-Vortrag fehlte. Vieles kam bekannt und oft gehört vor. Sogar der traditionsreiche (seit 2011) Startrant von Sascha Lobo blieb aus, es wurde daraus ein Startflausch und Lobo bot dem Publikum das \”uns\” an. Ich war auch optimistisch, dass Kathrin Passigs Vortrag pessimistisch enden würde. Erheitert war ich, da sie Lobo als Bsp des Technologiepessimisten aufführte, da dieser am Vortag Liquid Feedback der Piratenpartei in die totale Technokratie führen sah.
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Vorträge und Fachliches stehen wie auf Klassenfahrten im Hintergrund. Robert Basic hat bemerkenswert betont, dass er nur zwei Sessions besuchte, und sich lieber intensiv mit den rp12-Besuchern, ihrem Leben, Projekten und Zukunftsplänen beschäftigt hat
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Coole Aktionen halten Erinnerungen an Klassenfahrten lange lebendig. Jörn AKA Nero hat eine re:mett-Aktion auf Facebook organisiert und Dank eines Sponsors für Freitag morgen Mettbröchen anliefern lassen. Free Hack! Hach! Gekrönt wurde diese leckere Schweinerei durch eine eigene Foursquare-Location, bei der man einen Porky-Badge bekommen konnte
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ich erinnere mich noch, wie wir auf Klassenfahrten aufgeregt waren, wenn wir in Großstädten Prominente und Kamerateams sahen. Auch dieser Effekt stellte sich ein. Die re:publica war am ersten Tag wuselig und gut gefüllt mir Kamerateams aus öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern. Sehr begeistert war ich, dass N24 einen 40 Minuten Mitschnitt lieferten und Spiegel Online Livestream auf seiner Website angeboten hat. Die Isar-bzw Spreerunde liefert auf Youtube die größte Anzahl an Videos.
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Johnny Haeusler brachte es kurz vor Schluss auf den Punkt, mit dem ich meine Betrachtungen beenden möchte: die re:publica ist keine Konferenz wie viele andere. Sie fühlt sich anders an. Es ist kein leeres Visitenkartentauschen aus Höflichkeit, sondern Treffen von Freunden, Bekannten und Kontakten, die Dank hervorragender Kommunikationstechnologien wie Twittern noch weit nach der re:publica miteinander verbunden sein werden.